Vermittlungsarbeit im Museum: „Soja – Solala?“

Von Katrin Prankl

4. November 2019 | Als Vermittlerin im Volkskundemuseum Wien führe ich mit den BesucherInnen Gespräche und Diskussionen über die unterschiedlichsten Themen innerhalb des Museums. Ich arbeite nicht nur mit Erwachsenen, sondern auch mit Kindern und Jugendlichen. Die Programme sind immer auf die dementsprechenden Altersgruppen abgestimmt. In den meisten Vermittlungskonzepten, die von unserer Vermittlungsabteilung erarbeitet werden, geht es darum, dass den Kindern und Jugendlichen das Museum als außerschulischer Bildungsort näher gebracht wird. Dabei achten wir immer darauf, dass die unterschiedlichsten Lerntypen miteinbezogen werden. Wir bieten Dinge zum Ertasten/Erfühlen, Schmecken und machen so den Museumsbesuch als sinnliche Erfahrung möglich. Mit den Vermittlungskonzepten versuchen wir alle Sinne anzusprechen, wobei der Spaß am Lernen dabei in den Vordergrund gerückt wird.

Das Themengebiet „Soja“ ermöglicht und verlangt eine enorme Vielstimmigkeit, da unterschiedlichste AkteurInnen zusammenkommen: LandwirtInnen, WissenschafterInnen, AktivistInnen, KöchInnen, PolitikerInnen uvm. Sich mit Soja aus ganz verschiedenen Perspektiven zu beschäftigen, bringt viele inhaltliche Verknüpfungen, die im Zusammenhang mit dem Museum sowie mit der Sammlung selbst, viele Assoziationen möglich machen. Gerade zur Ernährung, Vorratshaltung, Konservierung, Lebensmittelproduktion und zur Landwirtschaft lassen sich viele Verbindungen von der Dauerausstellung im Volkskundemuseum zur Sojabohne herstellen.

Friedrich Haberlandt, der Professor und später auch Rektor der BOKU (ab 1872), die damals im selben Gebäude untergebracht war wie heute das Museum, hat im Garten die ersten Anbauversuche mit der Sojapflanze in Europa unternommen. In unserem Museumsgarten haben wir auch heute wieder Soja und Edamame angebaut. Verbindungen zu Soja herzustellen und auch darüber mit den BesucherInnen zu diskutieren und darüber nach- bzw. weiterzudenken, welche Ideen sie denn über Soja haben bzw. welche Vorstellungen über die Herstellung von Sojaprodukten oder die Inhaltsstoffe der Pflanze kursieren, lässt die Rezeption der Sojabohne in den Vordergrund rücken. Die Inhaltsstoffe von Soja werden immer wieder in unterschiedlichsten Foren und Blogeinträgen sehr heftig diskutiert. Nur um zwei von vielen der Vorurteile und Verkürzungen über Soja zu nennen: „Männerbrüste durch Tofukonsum“ und wer Soja isst, sei Schuld an der Zerstörung des Regenwaldes. Doch was steckt wirklich alles in der Pflanze? Und ist der Sojakonsum an der Abholzung des Regenwaldes mitverantwortlich?

Wichtig ist es dabei, die Sojapflanze bzw. die Sojabohne als Akteurin zu betrachten, die durch ihre Verwobenheit zu den unterschiedlichsten Themen wie Globalisierung, Wirtschaft, Ernährungswissenschaft, Mensch/Tiernahrung, Lebensmittelproduktion, Genveränderung, Biologie (Pflanzenanbau), Rezeption von Soja in den Medien oder dem Themenfeld der Kultur eine besonders breite Basis zur Diskussion und zum Erkennen der unterschiedlichsten Zusammenhänge bietet. Diese Zusammenhänge zu erkennen und die Sojapflanze als Akteurin in den Fokus zu stellen, wird durch die Methode der „Multispecies Ethnology“ deutlich und macht eine umfassende Analyse dieser möglich, dass Soja als Pflanze und Akteurin im Mittelpunkt steht, die mit vielen Bereichen wie Umwelt, Ernährung, Biologie sowie Politik verwoben ist.

Eine weitere Diskussion, die an alle diese Themen angeschlossen werden kann, ist die Vermarktung und Bewerbung von Sojaprodukten. Sind Sojaprodukte gesund und nachhaltig? Gibt es einen Unterschied im Sojaverbrauch zwischen Stadt und Land? All das sind Fragen, die wir uns im Vermittlungsprogramm „Soja – Solala?“ stellen und in vielen weiteren offenen Formaten am Volkskundemuseum weiterdiskutieren.

Das Thema Soja ist eines, das komplex diskutiert werden kann und mit dem große globale Zusammenhänge dargestellt werden. Dabei müssen aber auch Begriffe wie Nachhaltigkeit, Klimakrise usw. in den Blick genommen werden, was wiederum auch eine Herausforderung bedeutet, mit diesen Begriffen zu arbeiten und diese für sich selbst ebenso zu definieren.

Altersangepasste Angebote zu Soja ab 2020 im Vermittlungsprogramm

9 bis 13 Jahre

Die zwei DetektivInnen Bohnella Soya und Sherlock Bohns werden beauftragt, Indizien dafür zu finden, wo denn die weltbekannte Sojabohne überall ihre Finger im Spiel hat. Dazu bekommen die SchülerInnen immer zu zweit Umschläge mit detektivischen Aufgaben, die sie erfüllen müssen, um an die Indizien heranzukommen, die sie an Bohnella Soya und Sherlock Bohns weitergeben. Danach werden alle Indizien zusammengebracht und analysiert, was denn nun die zwei DetektivInnen alles über die Sojabohne herausgefunden haben. Damit der Fall geschlossen werden kann, müssen die SchülerInnen, die geholfen haben, die Indizien zu erforschen, helfen, eine Zusammenfassung zu schreiben, was denn die Sojabohne alles so macht, um den Endbericht der Akte abschließen zu können. Nach dieser spannenden Entdeckungsreise gibt es einen leckeren Sojasnack und die Möglichkeit, Bohnanza zu spielen.

13 bis 19 Jahre

Bevor die Gruppen sich die einzelnen Stationen ansehen, sollen sie durch die gesamte Dauerausstellung gehen und sich ein Objekt aussuchen, dass ihrer Meinung nach etwas mit dem Thema Soja zu tun hat und dies kurz erklären, um herauszufinden welche Positionen und Perspektiven, die einzelnen AkteurInnen vertreten. Anschließend werden die weiteren Arbeitsaufgaben verteilt, die die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Gruppen erarbeiten. Jede Gruppe bekommt einen Themenschwerpunkt, der immer auch unterschiedliche Materialien erfordert. Danach präsentiert jede Gruppe ihre Themen und berichtet über die wichtigsten Inhalte. Abschließend wird die Gruppe gemeinsam einen Fragebogen ausfüllen, der nicht nur Wissens sondern auch viele Diskussionsfragen und Meinungsfragen beinhaltet.

An erster Stelle steht in den Vermittlungsprogrammen zum Thema Soja, die globalen Zusammenhänge sichtbar zu machen und unterschiedlichste Zugänge zu dem Forschungsfeld zu erläutern und die Jugendlichen sowie die Erwachsenen zu animieren mitzudiskutieren und verschiedene Positionen einzunehmen. Das Erkenntnisziel sollte nicht in die Richtung gehen zu vermitteln, ob Soja nun gesund/ungesund oder gut/schlecht für die Umwelt ist. Sondern zu vermitteln, dass gerade Themen, die mit Ernährung zu tun haben, immer auch eine politische Dimension haben und dass auch der Kontext, wie sich bestimmte  Personen zum Thema Soja positionieren damit in Verbindung steht wie die unterschiedlichsten Zusammenhänge von Soja interpretiert werden können.

Themen in der Dauerausstellung, die am Thema Soja analysiert werden:

Das Logo „Vogel Selbsterkenntnis“ kann sehr gut auf die unterschiedlichsten Rezeptionen ausgelegt werden, die zum Thema Soja zu finden sind, denn hier sollten wir aktive Quellenkritik betreiben und darauf achten, wo die Informationen gewonnen wurden/werden. Gerade in unserem Vermittlungsprogramm geht es darum, zu hinterfragen, ist der Konsum von Soja nachhaltig und was bedeutet das überhaupt.

Welche Inhaltsstoffe hat die Pflanze und wie wirken sich diese auf den Körper aus und wie ist die Verwendung in Bezug auf Stadt/Land?

Vorratshaltung spielt eine große Rolle, denn in früheren Zeiten gab es keine Kühlsysteme und dadurch mussten sich die Menschen andere/neue Methoden zur Konservierung überlegen, als dies heute durch künstliche Konservierungsstoffe möglich ist. Wie war das in Japan? Ist Tofu und Tempeh auch eine Art der Konservierung, die in Japan  angewendet wurde?

In vielen Lebensmitteln wie z.B. Maggi waren/sind Bestandteile von Soja zu finden. Viele sind sich gar nicht bewusst, dass in Fertigprodukten Soja enthalten ist, das aber nicht aus biologischer Landwirtschaft hergestellt wurde. Es gab viele WissenschaftlerInnen, die im Laufe der Zeit versuchten, Soja als volkswirtschaftliches Produkt zu vermarkten, das dem Geschmack eines westlichen Gaumens entsprechen könnte und somit entstand Edelsoja, das eine Europäisierung von Soja möglich machte.

Welche Rezepte haben sich im Laufe der Zeit mit Soja als Zutat entwickelt und wie hat sich das auf die westliche Küche ausgewirkt?

In Japan und China hat Tofu einen ganz anderen Stellenwert und wird im Vergleich zu Europa nicht als Fleischersatz gesehen.

Die ProduzentInnen werden in den Blick genommen und somit auch das Thema der landwirtschaftlichen Produktion. Wie wird das in Österreich gemacht und wie sieht die Sojaproduktion weltweit aus? Was wird und wurde in Österreich angepflanzt? Wie ist der Anbau von Soja im Vergleich zu anderen Kulturpflanzen wie Weizen, Hafer usw.? All diese Fragen werden im Museum erforscht und diskutiert.

Was mich als Vermittlerin besonders an dem Thema „Soja“ interessiert?

Aufgrund meiner veganen Ernährung werde ich oft mit vielen Vorurteilen, die meine Ernährung betreffen, konfrontiert. Dies betrifft insbesondere auch alle Nahrungsmittel rund um die Sojabohne. Nachdem ich erfuhr, dass es ein Projekt zum Thema Soja im Volkskundemuseum geben soll, war ich gleich neugierig darauf. Den historischen Zusammenhang von Soja mit unserem Museum finde ich zudem auch aus der Vermittlungssicht überaus spannend.

Katrin Prankl ist seit 2014 als Vermittlerin im Volkskundemuseum tätig. Sie hat Geschichte und Europäische Ethnologie studiert und ihren Master im Fach Europäische Ethnologie abgeschlossen.