#SojaFromHome oder: die Abwesenheit von Soja Latte

Über digitales Sammeln und digitalisierte Sammlungen im Lockdown

Von Nina Szogs und Magdalena Puchberger

15. Juli 2020 | Es scheint fast so, als ginge das Leben nach dem totalen Lockdown nun wieder los: Die Kinder gehen wieder zur Schule, das Homeoffice wird reduziert, Cafés und Lokale öffnen wieder. Ob das schon wieder (neue, alte, andere) Normalität ist, wissen wir noch nicht. Dennoch haben wir beschlossen, unsere digitale Sammelaktion #SojaFromHome nun abzuschließen.

Inspiriert wurde #SojaFromHome von den vielseitigen Initiativen, die in den ersten Wochen der COVID-19-Pandemie entstanden sind, um Menschen sowie Kulturinstitutionen zu unterstützen und Kunst und Kultur in der Zeit des generellen Shutdowns sichtbar zu halten.[1] In dieser Zeit zeigte sich recht schnell, welche Kulturinstitutionen bereits über ein digitales Angebot verfügen und dieses adaptieren konnten und welche bisher wenig Ressourcen für die Digitalisierung ihrer Sammlungen hatten. Ausgeschlossen aus der digitalen Pandemie-Öffentlichkeit waren ebenfalls diejenigen Institutionen, die ihren Betrieb wegen des Shutdowns und fehlender Ressourcen komplett einstellen mussten. Die unterschiedlichen digitalen Aktionen waren aber gleichzeitig eine aus der Not geborene, herausfordernde und spannende Entwicklung im Kulturbereich, die sicherlich auch Digitalisierungsbemühungen noch einmal einen Ruck gegeben hat, wo diese vielleicht bisher nicht als sinnvoll erachtet wurden. 

Die Vielfalt und die Kreativität der Aktionen, die während des Shutdowns entstanden sind, zeigen die Stärken digitaler Bemühungen im Museumsbereich. Allein unter den Hashtags #MuseumFromHome, #ClosedButActive und #ClosedButOpen sind viele und vielfältige Beiträge zusammengekommen, die die Online-Nutzbarkeit von Sammlungen und ebenso das Sammeln online noch mehr in den Mittelpunkt gerückt haben und zum langfristigen digitalen Stöbern – auch lang nach der Pandemie – einladen. In Österreich bietet die Plattform Kulturpool wunderbare Möglichkeiten, sich auch von zu Hause mit dem österreichischen Kulturerbe zu beschäftigen. Auf europäischer Ebene ist die Europeana die Plattform, die digitalisiertes Kulturerbe aus Museen, Galerien, Bibliotheken und Archiven leicht zugänglich macht.

Auch das Volkskundemuseum Wien hat sich auf unterschiedlichen Kanälen (Instagram, Facebook, Twitter) an #MuseumFromHome, #ClosedButActive und #ClosedButOpen beteiligt. Dabei ist das Museum in der besonderen Lage, 2020 ein „Museumszwischenjahr“ ausgerufen zu haben. Diese institutionelle Nachdenk- und Strukturierungspause – für die wir durchaus viele Ideen etwa im Vermittlungsprogramm hatten – wurde durch den Corona-Lockdown unterbrochen. Allerdings haben wir im Soja-Projekt des Museums inzwischen gelernt, Herausforderungen anzunehmen und uns flexibel immer wieder neu auszurichten. So haben wir nach dem Soja-Blog auch die Aktion #SojaFromHome als neues Format für uns entdeckt.

Sichtbarkeit und Alltagskultur mit #SojaFromHome

#SojaFromHome ist Teil der digitalen Bemühungen des Soja-Projekts sowie auch des Museums während der Pandemie mit dem Projekt und dem Volkskundemuseum Wien sichtbar zu bleiben. Gleichzeitig wollten wir nachfragen beziehungsweise nachschauen, inwiefern Soja Teil des Alltags der Menschen in dieser besonderen Situation ist. Für eine Institution und eine Herangehensweise, die die Kulturanalyse des Alltags in den Mittelpunkt stellt, sind so stark alltagsverändernde Einschnitte wie eine Pandemie ein wichtiger Moment. So haben wir Bilder und Assoziationen unter dem Hashtag #SojaFromHome für unseren Soja-Blog gesammelt und gezielt danach gefragt: Wo begegnet euch Soja zu Hause in eurem eingeschränkten Alltag?

Insgesamt haben wir 23 Beiträge auf unserem Blog veröffentlicht, von denen viele einen kulinarischen Bezug haben. Dazu gehören Fotos von Produkten wie Sojasaucen, gefrorenen Sojabohnen oder vegetarischer Wurst ebenso wie Fotos von Tierfutter für Bienen, Screenshots von Erwähnungen von Soja bei Online-Konferenzen und in Artikeln zum Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel. Die Beiträge beinhalten neben Fotos und Screenshots auch Videos und ein Musikstück: ein eigens für das Projekt komponierter Soja-Klingelton! Der sonst so präsente Soja Latte fehlt hingegen völlig – ein interessanter Hinweis auf geschlossene Cafés. Auch die Fotos der kulinarischen Produkte verweisen auf das Kochen zu Hause und die Screenshots der Online-Veranstaltungen auf das viel diskutierte Home Office. Der Großteil der Beiträge stammt aus dem privaten oder beruflichen Umfeld des Museums, uns haben aber vereinzelt auch Beiträge erreicht, durch die neue Verbindungen entstehen konnten.

Was zeigt uns diese Sammlung für die Zukunft? Die allgegenwärtige Präsenz von Soja als Lebensmittel und in Lebensmitteln wird im Umfeld des Museums auch durchaus so wahrgenommen. Auch Soja als Tierfutter und der damit zusammenhängende Einfluss auf das Klima waren bisher wichtige Themen im Projekt und wurden so auch gespiegelt. Soja ist jedoch auch in Kosmetika oder Medikamenten enthalten. Wie schwierig es ist, Produkte, die Soja enthalten, zu vermeiden, wird besonders dann deutlich, wenn eine Sojaunterverträglichkeit vorliegt. Dies wurde durch einen Beitrag, der auf das Fehlen von Soja hinweist, deutlich gemacht. Zukünftig wird es im Projekt also interessant noch mehr darauf zu achten, wo Soja über Tierfutter hinaus ein versteckter Teil unseres Alltags ist und welche Implikationen dies beinhaltet.

Wir möchten uns bei allen für die vielen spannenden und unterhaltsamen Beiträge bedanken. Wir starten im Herbst wieder mit unserem Soja-Vermittlungsprogramm und freuen uns auf euren Besuch!


[1] Die europäische Museumsorganisation NEMO hat zu Museen im Lockdown eigens eine Umfrage durchgeführt und unter anderem eine Sammlung mit unterschiedlichsten Online-Aktionen veröffentlicht. Ein Bericht von NEMO über Digitalisierung und Copyright in europäischen Museen auch außerhalb der Pandemie findet sich hier.